Steuerklassenwahl nach der Hochzeit
Erfreulicherweise finden in den letzten Wochen wieder sehr viele Hochzeiten statt, denn die Corona-Pandemie hat viele Heiratswillige in den letzten zwei Jahren zum Aufschieben des Festes gezwungen. Die wichtigste steuerliche Fragestellung nach der Hochzeit ist in vielen Fällen die Wahl der richtigen Steuerklasse. Dies ist zwar kein sonderlich romantisches Thema, aber ein wichtiges mit weitverbreiteten Irrtümern.
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können zwischen der Steuerklassenkombination 3/5 bzw. 4/4 (mit oder ohne Faktor) wählen. Die Entscheidung für eine Steuerklassenkombination erfolgt vielfach ausschließlich mit Blick auf den monatlichen Netto-Verdienst. Die Vergleichsermittlung ist dabei ein Rechenexempel mit vielen Faktoren. Bei dieser Sichtweise wird jedoch oft zu kurzfristig gedacht: Zum einen muss erkannt werden, dass mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung alle unterjährigen steuerlichen Vorteile und Nachteile ausgeglichen werden. Mit anderen Worten: Die Steuerklassenwahl 3/5 oder 4/4 beeinflusst nicht die endgültige Steuerschuld, die das Finanzamt festsetzt. Sie führt nur dazu, dass die monatlich vom Arbeitslohn abgeführten Steuer-Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuerschuld zu gering oder zu hoch sind. Letztendlich kann somit mit der Steuerklassenwahl keine Steuer gespart werden, schließlich ist die Einkommensteuererklärung gesetzliche Pflicht bei Doppelverdienern mit der Kombination 3/5. Aus dieser Verpflichtung entstehen in sehr vielen Fällen überraschende Nachzahlungen.
Zum anderen ist Weitsicht gefragt durch die Berücksichtigung von möglichen Entgeltersatzleistungen. Dies sind insbesondere das Elterngeld oder das Krankengeld. Die Höhe dieser Bezüge ist abhängig vom Nettolohn und damit abhängig von der Steuerklasse. Gerade das Elterngeld kann beim Kinderwunsch nach der Hochzeit ein Grund sein, dass Nettogehalt der Ehefrau frühzeitig zu optimieren, z. B. durch die Steuerklasse 3. Zwar erhält der Ehemann mit der Steuerklasse 5 dann weniger Nettogehalt, dieser Nachteil wird jedoch über die Einkommensteuererklärung später vollständig ausgeglichen. Auch die Kombination 4/4 ist im Hinblick auf das Elterngeld oft eine gute Variante. Der Vorteil beim Elterngeld kann durch diese Gestaltungen schnell einige Tausend Euro ausmachen.
Wenn nach der Hochzeit nichts unternommen wird, setzt das Finanzamt die Brautleute übrigens automatisch in die Steuerklassenkombination 4/4. Weil der Lohnsteuereinbehalt in der Steuerklasse 4 identisch hoch ist wie in der Steuerklasse 1 für Unverheiratete, wird sich die Hochzeit auf der Lohn- und Gehaltsabrechnung bis auf weiteres nicht in Euro und Cent auswirken.
Heike Oudehinken
Steuerberaterin der Kanzlei
VVP in Neuenhaus