Abschaffung der Lohnsteuerklassen III und V?
Seit einiger Zeit hält sich in den sozialen Medien hartnäckig das Gerücht, dass die Steuerklassen III und V zum 1.7.2023 abgeschafft werden und alle Betroffenen dann die Steuerklasse IV mit Faktor erhalten. Wie so oft in den sozialen Medien ist auch dieses Gerücht falsch. Richtig ist, dass sowohl der Koalitionsvertrag als auch aktuelle Verlautbarungen der Bundesregierung die genannte Abschaffung vorsehen. Wann dies konkret geschehen soll, ist derzeit jedoch völlig ungewiss. Dennoch möchten wir bereits jetzt die Auswirkungen erläutern.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass durch die Wahl der Lohnsteuerklasse letztlich keine Steuern gespart werden können. Die jeweilige Steuerklasse regelt zwar die Höhe des laufenden Steuerabzugs vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) und ist damit mitentscheidend für das monatliche Nettoeinkommen, eine endgültige Abrechnung erfolgt jedoch erst mit der gemeinsamen Einkommensteuererklärung. Mit dem Steuerbescheid wird festgestellt, wie hoch die individuelle Steuerlast der Ehegatten in einem Jahr ist. Von dieser Steuerlast wird dann die bereits gezahlte Lohnsteuer beider Partner abgezogen. Wurde insgesamt zu viel Lohnsteuer gezahlt, erfolgt eine Erstattung durch das Finanzamt, wurde zu wenig Lohnsteuer gezahlt, erfolgt eine entsprechende Nachzahlung. Die Lohnsteuerabzüge beider Partner sind also nur eine Art Vorauszahlung auf die gemeinsame Jahreseinkommensteuer.
Bei der Kombination der Steuerklassen III und V werden in der Steuerklasse III relativ wenig und in der Steuerklasse V relativ viele Steuern einbehalten (bzw. abgeführt). Dies führt dazu, dass der Partner mit der Steuerklasse III über die Lohnsteuer zu wenig zur gemeinsamen Jahreseinkommensteuer beiträgt und der Partner mit der Steuerklasse V dieses „Minus“ ausgleichen muss. Dieser Ausgleich gelingt aber nur, wenn der Bruttolohn des Partners in Steuerklasse V mindestens ca. 66 % des Bruttolohns des Partners in Steuerklasse III erreicht. Mit anderen Worten: Erst bei einem Verhältnis der Bruttolöhne von 60:40 ist mit keiner Steuernachzahlung mehr zu rechnen. Je weiter dieses Verhältnis auseinander liegt, desto höher fällt die Nachzahlung bei der endgültigen Einkommensteuerveranlagung aus. Diese Systematik soll nach dem Willen der Bundesregierung künftig nicht mehr zur Anwendung kommen.
Als Alternative zur Steuerklassenkombination III / V gibt es die Kombination IV / IV mit und ohne Faktorverfahren. Ohne Faktorverfahren zahlen beide Ehegatten in der Lohnsteuerklasse IV in der Regel zu viel Lohnsteuer. Dieser Nachteil wird bei der abschließenden Steuererklärung durch eine Steuererstattung ausgeglichen. Die Summe aus Lohnsteuerzahlung und Steuererstattung durch die Steuererklärung ist aber aus den oben genannten Gründen genauso hoch wie bei der Kombination III / V.
Wer unterjährig nur so viel Lohnsteuer abgezogen haben möchte, wie am Ende auch an Steuerlast entstehen wird, kann das sogenannte Faktorverfahren anwenden. Bei diesem Verfahren werden die Steuerklassen im Vorfeld so modifiziert, dass am Ende voraussichtlich weder eine Nachzahlung noch eine Erstattung mit der Steuererklärung zu erwarten ist. Dies ist zwar die gerechteste Systematik, jedoch auch die komplizierteste. Dieses Verfahren soll nach dem Willen der Politik künftig der Regelfall sein.
Zwar haben die Steuerklassen und damit der Lohnsteuerabzug keine Auswirkung auf die gemeinsame Steuerlast, dennoch ist es häufig ratsam, sich bezüglich der idealen Kombination beraten zu lassen. Denn außersteuerliche Themen wie z.B. das Elterngeld sind abhängig vom Nettolohn und damit von der Steuerklasse.
Frank Hölter
Steuerberater der Kanzlei
VVP in Neuenhaus